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Deutsche Küchenmöbelindustrie hofft auf stärkere zweite Jahreshälfte

Umsatz liegt bis Ende Juli um 7,7 Prozent unter dem Vorjahr / Prognose für 2024: Umsatzminus von 5 bis 7 Prozent / Verbraucherumfrage: Wohnungsumbau ist der wichtigste Anlass für den Küchenkauf

Herford den

Die deutschen Küchenmöbelhersteller haben in den ersten sieben Monaten dieses Jahres einen Umsatz von 3,4 Milliarden Euro erzielt, ein Minus von 7,7 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. „Die schwache Verbraucherstimmung und die Krise im Wohnungsbau haben unserer Branche im bisherigen Jahresverlauf spürbar zugesetzt“, stellte Stefan Waldenmaier, Vorstandsvorsitzender des Verbands der Deutschen Küchenmöbelindustrie e.V. (VdDK), heute auf der Jahres-Wirtschaftspressekonferenz in Löhne fest.

Auf die kommenden Monate blickt Waldenmaier mit vorsichtigem Optimismus: „Wir gehen davon aus, dass die zweite Jahreshälfte für unsere Unternehmen stärker ausfallen wird als das erste Halbjahr.“ Zwar fehlten aufgrund des schwachen Baugeschehens weiterhin wichtige Impulse für die Küchennachfrage. Das Abflachen der Inflation und die realen Einkommenszuwächse ließen jedoch auf eine leichte Belebung der Konsumfreude hoffen. Auch befassten sich die Menschen im Herbst und Winter wieder stärker mit der Einrichtung ihres Zuhauses. 

„Anlass für den Kauf einer neuen Küche ist nicht nur ein Umzug, sondern vor allem ein Umbau der bestehenden Wohnung“, berichtete VdDK-Geschäftsführer Jan Kurth mit Verweis auf eine vom VdDK in Auftrag gegebene Verbraucherumfrage durch das Marktforschungsinstitut Kantar. „Bei Kunden im Alter von 45 Jahren an aufwärts ist zudem der Wunsch nach einem Küchen-Upgrade besonders stark ausgeprägt. Insgesamt suchen die Kaufinteressenten schwerpunktmäßig nach einer Küche zum Preis von 5000 bis 10.000 Euro.”

In der Verbraucherumfrage gaben 43 Prozent jener Verbraucherinnen und Verbraucher, die in diesem oder dem kommenden Jahr einen Küchenkauf planen, einen Umbau bzw. eine Modernisierung ihrer bestehenden Wohnung/ihres bestehenden Hauses als Beweggrund an. Auf Platz zwei (25 Prozent) folgt der Wunsch nach einer besseren Ausstattung und einem moderneren Design – dieser nimmt erwartungsgemäß mit steigendem Alter der Befragten zu. 18 Prozent der Befragten nennen einen Umzug als Auslöser für die Anschaffung einer neuen Küche, 14 Prozent führen technische Defekte ihrer jetzigen Küche an. 

Ein großer Teil der Kaufinteressenten (40 Prozent) hält nach einer Küche zum Preis von 5000 bis 10.000 Euro Ausschau. 27 Prozent der Befragten wollen weniger als 5000 Euro ausgeben. 19 Prozent planen mit einer Ausgabe von 10.000 bis 15.000 Euro. Einen finanziellen Rahmen von 15.000 bis 20.000 Euro setzen sich 11 Prozent der zum Kauf entschlossenen Befragten. Das Alter ihrer jetzigen Küche geben 44 Prozent aller Befragten mit weniger als 10 Jahren an. Eine 10 bis 15 Jahre alte Küche besitzen 27 Prozent der Umfrageteilnehmer. 14 Prozent der Befragten berichten, dass ihre Küche 15 bis 20 Jahre alt ist. Ein Alter ihrer Küche von mehr als 20 Jahren nennen 15 Prozent der Verbraucherinnen und Verbraucher.

Der wertmäßige Auftragseingang der deutschen Küchenmöbelindustrie lag laut Verbandsstatistik von Januar bis August dieses Jahres um rund 5 Prozent unter dem Vergleichszeitraum des Vorjahres. Auf die Stückzahlen bezogen ergibt sich ein Rückgang von 6,5 Prozent. Angesichts der verhaltenen Nachfrage nutzten im Monat August 14 Prozent der in einer Verbandsumfrage befragten Küchenmöbelhersteller das Instrument der Kurzarbeit. Damit liegt die Küchensparte deutlich unterhalb des Werts der Gesamtbranche, in der 38 Prozent der befragten Firmen im August Kurzarbeit beantragt hatten. Für das vierte Quartal 2024 planen knapp 36 Prozent der befragten Küchenmöbelhersteller Kurzarbeit (Branche gesamt: 40 Prozent). 

Auf dem Heimatmarkt setzten die 46 deutschen Küchenmöbelhersteller mit 18.200 Beschäftigten in den ersten sieben Monaten dieses Jahres 1,8 Milliarden Euro um (minus 8,7 Prozent). Der Auslandsumsatz von 1,6 Milliarden Euro (minus 6,5 Prozent) trug 46 Prozent zu den Gesamtumsätzen der Küchenmöbelindustrie bei. Die Exportquote liegt damit erheblich über dem Durchschnitt der gesamten deutschen Möbelindustrie (33 Prozent). 

Auf nahezu allen europäischen Ansatzmärkten kam es von Januar bis Juli zu Einbußen. Die Möbelausfuhren in das wichtigste Exportland Frankreich sanken um 9,3 Prozent auf 353 Millionen Euro. Dahinter folgen die Niederlande (minus 7,3 Prozent), Österreich (minus 7,1 Prozent), die Schweiz (minus 5,5 Prozent), Belgien (minus 8 Prozent) und das Vereinigte Königreich (minus 8,9 Prozent). Auch in das auf Rang sieben platzierte China wurden weniger Möbel geliefert (minus 5,6 Prozent). Dagegen zog die Nachfrage aus den Vereinigten Staaten kräftig um 18,2 Prozent an, was auch auf den bereits zum dritten Mal organisierten deutschen Gemeinschaftsauftritt auf der wichtigsten amerikanischen Küchenfachmesse KBIS zurückzuführen sein dürfte. 

Importe spielen auf dem deutschen Küchenmarkt weiterhin nur eine sehr untergeordnete Rolle. In den ersten sieben Monaten wurden Küchenmöbel im Wert von gerade einmal 81 Millionen Euro eingeführt (minus 13 Prozent). Die wichtigsten Lieferländer stellen Polen, Italien, Litauen, Österreich und China dar. 

Vor große Herausforderungen sieht sich die deutsche Küchenmöbelindustrie aufgrund der überbordenden Bürokratie gestellt. Einen erheblichen Aufwand bringe beispielsweise die EU-Entwaldungsverordnung (EUDR) mit sich, sagte Waldenmaier. Die geforderten Nachweise über eine entwaldungsfreie Lieferkette und die erforderliche Datenweitergabe in der gesamten Wertschöpfungskette machten umfangreiche Anpassungen der IT-Systeme und der Schnittstellen nötig. In dem vorgesehen Zeitrahmen – die Nachweispflichten gelten vom 30.12.2024 an für Produkte, die den Rohstoff Holz enthalten – seien die Vorschriften für die Küchenmöbelhersteller nicht umsetzbar. „Während die Politik der Industrie unrealistische Vorgaben macht, kann sie selbst den vorgesehenen Zeitplan mit der Installation des EU-Informationssystems nicht einhalten”, kritisierte der VdDK-Vorstandsvorsitzende und mahnte dringend eine Verschiebung der Inkraftsetzung um zwei Jahre an. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir hatte die EU-Kommission jüngst im Namen der Bundesregierung aufgefordert, den Anwendungsstart der EUDR um ein halbes Jahr auf den 1. Juli 2025 zu verschieben. „Diese zusätzliche Frist reicht nicht aus, um die notwendigen Anpassungen vorzunehmen”, so Waldenmaier.

Dem Fachkräftemangel, einer weiteren großen Herausforderung, wirkt die Branche aktiv entgegen – mit der Lehrfabrik Möbelindustrie, die am 5. November 2024 in Löhne eröffnet wird. Das hochmoderne Trainingszentrum, das den Produktionsprozess eines typischen möbelverarbeitenden Unternehmens abbildet, wird ein breit gefächertes Bildungsangebot bereitstellen. Abgedeckt wird die gesamte Bandbreite der Berufsbilder in der industriellen Möbelfertigung, darunter Holzmechaniker/innen, Mechatroniker/innen, Fachinformatiker/innen, Maschinen- und Anlagenführer/innen und kaufmännische Auszubildende. Die Lehrfabrik Möbelindustrie stellt die dritte Säule in der dualen Ausbildung dar: Neben der praktischen Arbeit im Betrieb und der theoretischen Bildung im Berufskolleg kommen die Berufseinsteiger für einzelne Ausbildungsmodule in die Lehrfabrik. „Wir sehen dem Start unseres Leuchtturmprojekts zur Gewinnung von Nachwuchs- und Fachkräften mit großer Freude entgegen“, sagte Kurth. An dem von den Möbelverbänden angestoßenen Vorzeigeprojekt beteiligen sich zahlreiche Küchenmöbelhersteller.

Für das Gesamtjahr 2024 rechnet der Verbandsgeschäftsführer für die deutsche Küchenmöbelindustrie mit einem Umsatzrückgang von 5 bis 7 Prozent. Mittelfristig stimme die derzeit anziehende Nachfrage nach Immobilienfinanzierungen wieder etwas zuversichtlicher. Auch habe der Stellenwert der Küche über die Coronazeit hinweg stark zugenommen. Dies und die solide Aufstellung der deutschen Küchenmöbelindustrie mit ihren hochmodernen Fertigungsstätten werde sich in Zukunft auszahlen.

„Beim Design der Küchen sind in diesem Jahr die leiseren und helleren Töne wie beispielsweise Beige angesagt”, stellte Waldenmaier fest. „Die Einrichtung wird noch wohnlicher und gemütlicher – passend zu den rauen Zeiten da draußen.” Kombiniert werden die hellen Töne häufig mit Holz – sei es als Massivholz, Furnier oder Nachbildung. Stark gefragt ist der minimalistische Designstil, der sich durch klare Linien, etwa in Form von grifflosen matten Lackfronten mit Antifingerprinttechnologie, auszeichnet. Bei den Arbeitsplatten und Nischendekoren kommen vermehrt Steinoptiken zum Einsatz. Großer Beliebtheit erfreut sich auch der moderne Landhausstil mit den charakteristischen Rahmenfronten – mit Griff oder auch grifflos –, denen beispielsweise elegante Glasvitrinen zur Seite gestellt werden.