Dr. Göhner, in den 1990er Jahren selbst mehrere Jahre Hauptgeschäftsführer der Verbände der Holz- und Möbelindustrie in Herford, hatte sich das Thema „Wirtschafts-, Sozial- und Tarifpolitik vor neuen Herausforderungen“ gewählt. Obwohl inhaltlich kaum breiter zu fassen, beherrschte er in konzentriertem Vortragsstil und durch launige Herangehensweise die teils recht diffizilen Problemfelder souverän.
Scheinbare Stabilität behindert Gestaltungswillen
Die angereisten Inhaber oder Geschäftsführer der mehrheitlich mittelständisch geprägten Küchenmöbelindustrie sahen sich dann auch bestens „unterhalten“. Denn Dr. Göhner verstand es in verblüffend entspannter Form, die nicht nur aus seiner Sicht brandaktuellen Fragen für Deutschland – Stichworte Digitalisierung, Demografie, Investitionsschwäche und Globalisierung – geschickt mit den Optionen eines Grexit’s bis hin zur Wettbewerbsfähigkeit Europas und insbesondere der deutschen Wirtschaft zu verknüpfen.
Was er der deutschen Politik ins Stammbuch schrieb, ist für die „GroKo“ nicht in jedem Fall schmeichelhaft. Die Bundesregierung habe im ersten Regierungsjahr die Priorität auf Verteilung und Regulierung gesetzt und nicht die Stärkung der Wirtschaftskraft und der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmen und der Arbeitsplätze hinreichend berücksichtigt, so Dr. Göhner.
Sozialpolitisches Füllhorn belastet Wettbewerbsfähigkeit massiv
Nicht mit Lob sparend bewertete er es sehr positiv, dass die Neuverschuldung auf Null gesetzt und die Tarifabschlüsse der letzten Jahre viel zur wirtschaftlichen Stabilisierung Deutschlands, ja der gesamten Eurozone beigetragen hätten. Doch gerade die standortstärkende Tarifentwicklung in der Vergangenheit gehe doch kaum auf die Große Koalition zurück.
Im Gegenteil, mit den Belastungen aus Mütterrente und Rente mit 63 würden erhebliche Lasten für die Zukunft begründet. Außerdem habe die Bundesregierung mit der Ausgestaltung des Mindestlohnes und Projekten wie der absurden Arbeitsstättenverordnung neue Regulierung und Bürokratie geschaffen. Offensichtlich bestimme ein Misstrauen gegen die Wirtschaft und die Unternehmen das Regierungshandeln. Gerade der Mittelstand als Rückgrat unserer Wirtschaft verdiene aber Vertrauen und müsse von unnötiger Bürokratie entlastet werden.
Gesetz zur Tarifeinheit unterstützt gesellschaftlichen Zusammenhalt
Positiv hingegen bewertet Dr. Göhner neue Vorhaben der Bundesregierung zur Bürokratiebegrenzung und zum Gesetz zur Tarifeinheit. Das neue Tarifeinheitsgesetz werde voraussichtlich Anfang Juli in Kraft gesetzt. Dr. Göhner erklärte, dass das neue Gesetz von allen Seiten verfassungsrechtlich überprüft und für verfassungsgemäß gehalten werde.
Obwohl die Tarifbindung weiter sinke und Löhne und Gehälter immer individualisierter gestaltet werden, erwartet Dr. Göhner durch das Tarifeinheitsgesetz eine Stabilisierung der Tarifautonomie. Das Tarifjahr 2015 war vor allem durch Streiks geprägt, die sich auf viele Menschen und zahlreiche Branchen ausgewirkt haben. Die Streiks bei Bahn, Post, Kindertagesstätten haben sehr viele Menschen betroffen gemacht. Die Häufigkeit solcher Streiks mit Drittwirkungen sei ein bedenklicher Zustand gerade mit Blick auf die Internationalisierung der Unternehmen.
Mehrheiten mit Herz und Verstand gewinnen
Mutig und auffällig Reinhard Göhners abschließendes Bekenntnis zu den Medien: Es liege nicht an den Medien, wenn die Wirtschaft negative Berichterstattungen verursache. Es habe halt Beispiele gegeben, für die nicht die Journalisten, sondern Vertreter der Wirtschaft selbst verantwortlich seien. Da in der Demokratie die Mehrheit entscheide, so Dr. Göhners Schlusswort, liege es vielmehr an allen Unternehmern und ihren Verbänden, mit überzeugenden Argumenten Mehrheiten für sich und damit für die Zukunft Deutschlands zu gewinnen!