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Möbellogistik: Die Zukunft beginnt jetzt

Möbelbranche startet bundesweite Initiative „Zimlog“

Herford den

Die Vorbereitungsarbeiten waren intensiv und gründlich, vergangene Woche nun der offizielle Auftaktevent der branchenübergreifenden „Zukunftsinitiative Möbellogistik“ (Zimlog) im Kristallsaal der Kölnmesse. Eingeladen hatten die Initiatoren und ‚Gründerväter‘ VHK Herford, AMÖ, BVDM sowie HDH/VDM. Damit sind alle relevanten Interessensvertreter in der Wertschöpfungskette „Möbel“ unmittelbar in das Projekt involviert – wichtige Erfolgsvoraussetzung für dieses nach wie vor unterschätzte Nadelöhr unserer Branche.

So auch das Credo des Kopfes dieser Brancheninitiative Prof. Paul Wittenbrink (HWH, Karlsruhe), ausgewiesener Fachmann in Fragen innerbetrieblicher und prozessorientierter Logistikprozesse. Wittenbrink, seit längerem unternehmensbezogen mit den logistischen Problemen der Möbelbranche gut vertraut, hob nach einführenden Worten von Gastgeberin Katharina C. Hamma (Kölnmesse) diesen wichtigen Aspekt von Zimlog immer wieder auf den Schild: Nahezu alle und oft seit Jahren  bekannte Logistikprobleme der Branche seien nur übergreifend und gemeinsam lösbar.

Zimlog: den Reformstau „Möbellogistik“ auflösen

Indem nunmehr der Möbellogistikverband AMÖ, der Handelsverband BVDM sowie die wichtigen Industrieverbände auf Herstellerseite zusammenarbeiten bestehe erstmals die reale Chance, den „Reformstau“ in der Logistik aufzulösen. Die wichtigsten Handlungsfelder nach Analyse durch den Referenten: verbesserte Koordination innerhalb der Prozesskette, Einführung von Logistikstandards und IT-basierter Vernetzung, Aufbau von Sendungsstrukturen, Ausschöpfung der Möglichkeiten des Internets, Kosten- und Reklamationssenkungen, Optimierung vorhandener Strukturen und im Außenwarenverkehr, Fahrermangel sowie spürbare Entspannung des Brennpunktes ‚Rampe‘.

Prof. Wittenbrink stellte heraus, dass zwar viele der Wertschöpfungspartner in sich logistisch optimiert seien, eine Abstimmung zwischen- bzw. untereinander jedoch kaum erfolge. Gerade die Behebung dieses Defizits fehlender Koordination sei Chance und wichtiger Schutz vor einem zunehmend übermächtigen Wettbewerbsdruck aus dem Ausland.

‚Digital Natives‘ erwarten „Lieferung prompt nach Order“

Birgit Faßbender, Referentin im Bundesministerium für Verkehr (Berlin), berichtete nachfolgend vom Arbeitskreis Logistik des BMfV, auf dessen nächster Sitzung Mitte April mit Spannung der erste Bericht zum Start von Zimlog erwartet werde. Unter dem bekannten Aspekt, dass alles, was digitalisiert werden kann auch digitalisiert werde, richtete Faßbender den Appell an die in Köln versammelten rund 150 Branchenvertreter, alle Kraft für diese Initiative zu mobilisieren – man könne ein bundesweites „Leuchtturmprojekt“ werden!

Mit der an sich recht simplen Frage „Wann kommt mein Sofa?“ brachte Rolf Ostermann (Ostermann, Witten) aus Handelssicht das Grundproblem sehr bildhaft auf den Punkt: Der Kunde ist mental durch Internethändler wie Amazon „verwöhnt“ und erwartet gleich schnelle Lieferzeiten für ein Buch wie für ein Möbel. Dem steht nicht nur der immer schwieriger beherrschbare, jedoch gewollte und angebotene Variantenreichtum von Möbeln aller Segmente entgegen – Stichwort „Individualisierung“.

Wenn also das knappe Geld auf Verbraucherseite nicht für alternative Erzeugnisse, Dienstleistungen oder ‚for fun‘, sondern für Küche, Wohn- oder Polstermöbel ausgegeben werden solle – ja dann müsse die gesamte Branche endlich jeweils konkret benennen können, wann das ersehnte neue Möbel in der Wohnung des Käufers stünde.

Firmenbezogene Optimierung zu Lasten des Gesamtprozesses

Michael Stiehl, bekannter Kopf auf Produzentenseite (Rauch Möbelwerke, Freudenstadt), stellte in seinem Statement die fehlende Standardisierung innerhalb der Prozesskette als weiteres Manko in der Möbellogistik heraus. Allein die nach wie vor verbreitete Bestell-Kommunikation via Fax und E-Mail sei ein echter Gau – für die Industrie wie für die Kunden.

Ein weiterer, für die geplante  Branchenlösung sprechender Fakt sei die in sich geschlossene Selbstoptimierung einzelner Partner der Wertschöpfungskette. Da diese aber gesetzmäßig ohne übergreifende Koordination zu vermehrten Störungen bei den beteiligten Partnern führt, bleibt unter dem Strich der wirksame Effekt „Null“, der Kunde verspüre Frust statt Verbesserung.

Spediteure „Zwischen Baum und …Kunde“

Einen ganzen Berg ungelöster Herausforderungen stellte Ingrid Grube (Röhr Logistic, Rietberg) aus Sicht eines Möbelspediteurs vor. Fehlende Planbarkeit, Lieferavise der Industrie minus einen Tag vor Verladung, ein fehlender einheitlicher Liefer-Barcode, kaum vorhandene Schnellentlademöglichkeiten für Kleinteile (Reklamationsnachlieferungen), fehlende Entladehilfen an der Rampe – vom Umgang miteinander dort ganz zu schweigen: Diese nur wenigen Beispiele beeindruckten die Zuhörer mindestens ebenso wie der Verweis, dass allein 2015 und nur Röhr-bezogen über 14.000 Wartestunden bzw. 1,2 Mio. Euro direkte Zusatzkosten an der Rampe entstanden waren.

Frau Grubes Wünsche daher an die Zimlog-Mitmacher: Abholavis der Industrie zwei Wochen vor Produktionsende, 100%ige Liefergenauigkeit, Schnellabnahmemöglichkeiten im Handel bis 3 m³ Liefervolumen, maximal 30 Minuten Wartezeit an der Rampe, Entladehilfe durch Handelspersonal sowie einheitliche Barcodes in der Branche. Die Erwartungen der Speditionsbranche an die initiative seien also hoch...

Breite Praxis-Beteiligung in Zimlog erwartet

Fazit an dieser Stelle durch Projektleiter Wittenbrink: In der Vision 2020 sind acht wichtige Punkte fixiert, die viele dieser vorgenannten Forderungen aufgreifen. Mit der geplanten Aufnahme der operativen Arbeit im März habe man sich ein überaus ehrgeiziges Zeitfenster von lediglich fünf Jahren gesetzt! Bisher haben jeweils etwa eine Handvoll Unternehmen der Möbelindustrie, des Handels und des Speditionsgewerbes ihre feste Beteiligung an Zimlog zugesagt. Die Praxis ist damit eng involviert, weitere gewerbliche Partner werden in Kürze hinzustoßen – die Lösungschancen also: Bestens!

Vor einer abschließenden Frage-Antwort-Runde an die initiierenden Verbändevertreter berichtete Dietmar Weber (Iwofurn, Holzgerlingen) über die Notwendigkeit einer durchgängigen EDI und einer Branchenklassifizierung aller Haupt- und Fachsortimente. Besonders die in elektronischer Form kaum abrufbaren Lagerbestandsberichte, Lieferavise, Abverkaufszahlen oder Stammdaten mache den Beteiligten das Leben schwer. Wenn rund 30% aller Aufträge unklar sind und die Kommunikation untereinander mit Unterbrechungen von etwa einer Woche erfolge, dann verschenke die Möbelbranche das Geld mit vollen Händen. Diesen plakativen Beispielen von Weber ist wohl nur eines entgegenzusetzen: die Abhilfe durch das gemeinsame Logistikvorhaben Zimlog!