Dabei sparte er nicht mit Lob für Ostwestfalen-Lippe im Allgemeinen und die dort ansässige Möbelindustrie im Besonderen, denn Region und Branche – der „ländliche Raum“ in NRWs Osten also – seien in vielen Dingen weiter und schneller als der Landesdurchschnitt.
Andreas Hettich: Freiheit für Unternehmen bedeutet Wohlstand
Zuerst begrüßte Hausherr Dr. Andreas Hettich den Ministerpräsidenten, die Gäste sowie die Gründerväter der Möbelrunde wie Dr. Lucas Heumann von den Möbelverbänden NRW, Wolfram Jacob vom Arbeitgeberverband Herford oder Reinhard Göhner, vormals BDA-Chef.
Dr. Hettich ging in seinen einführenden Worten hart ins Gericht mit den vielen Stöckchen, über die Unternehmen heutzutage „springen“ müssten. Dabei schlug er einen großen Bogen von der deutschen Gesetzgebung mit Blick auf Arbeitsrecht und Rente mit 63 über die EU mit der an sich sinnvollen, aber bürokratisch überladenen Datenschutz-Grundverordnung bis hin zur internationalen Bühne mit Handelsbeschränkungen und der Rückführung von einst mühevoll ausgehandelten Zollerleichterungen.
Armin Laschet: Das Weltgefüge ist fragil, nichts ist berechenbar
Armin Laschet griff diese Steilvorlagen in seinem Referat auf und hinterfragte die aktuell von der Politik gestalteten Rahmenbedingungen für Staaten, Bürger und Unternehmen. Selten sei die Situation international so fragil gewesen wie jetzt, Verlässlichkeit oder Gewissheiten gäbe es anscheinend immer weniger im Denken und Tun der Eliten. Wenn die KP Chinas den freien Welthandel zu garantieren behauptet und der Präsident des Verbündeten USA die WTO für gegenstandslos erklärt – wie könne da noch von sinnvollem, vorausschauendem Handeln auf nachgeordneter Ebene die Rede sein, so Laschet‘s mehr als rhetorische Fragestellung.
Aus dieser globalen Betrachtung zur Region Ostwestfalen-Lippe kommend lobte Laschet die Möbelindustrie als einen wichtigen Motor und gutes Beispiel, wie sich mit Gestaltungsfreiheit, Mut zum Risiko und kollektivem „Wir-Gefühl“ eine sogenannte ‚alte Branche‘ zukunftssicher positioniert hat. Als wichtigen Pluspunkt für OWL machte der Ministerpräsident die funktionierenden ländlichen Strukturen aus, womit sich viele der üblichen Allgemeinplätze – wie Landflucht und Urbanisierung – im Fall Nordrhein-Westfalens positiv umkehren.
Daneben machte Armin Laschet mehrere klare Ansagen, was die Regierungsarbeit betrifft. Die Landesregierung verfolge einen wirtschaftsfreundlichen Kurs, denn damit wird die Grundlage für Wohlstand und sozialen Frieden gelegt. Die beschlossenen Entfesselungspakete tragen bereits erste Früchte, dennoch sind auch klare Defizite erkennbar. Viele davon rühren aus Säumnissen vorheriger Kabinette, andere stellen sich global im Umbruch zur digitalen Welt.
NRW – der „schlafende Riese“ muss entfesselt werden
Auf der Agenda des jetzigen Führungsteams von NRW stehen unter anderem die Verbesserung finanzieller, unternehmerischer und wissenschaftlicher Rahmenbedingungen – jüngstes Beispiel sei das verabschiedete Hochschul-Freiheitsgesetz. Wichtig weiterhin die Beschleunigung und Flexibilisierung von Planungsvorhaben – beispielsweise für Industrieanlagen bzw. Industrie- und Gewerbeflächen. Das Stichwort heißt hierbei: Fortschreibung bzw. sinnvolle Korrektur des Landesentwicklungsplans.
Zwei weitere Themen hob Armin Laschet besonders hervor: Den Nachholbedarf bei der Breitbandversorgung – besonders im ländlichen Raum, wo der Wirtschaftsmotor ‚Mittelstand‘ am besten und effizientesten brummt. Unter dem Titel „Gigabit-Strategie 2025“ werden so die Grundlagen für die vielbeschworene Digitalisierung gelegt, der verantwortliche Minister Prof. Dr. Andreas Pinkwart hat dafür umfassende Gestaltungsfreiräume zugewiesen bekommen.
Bei der Fachkräftesicherung legte Laschet sogleich den Finger in die Wunde, indem er die Notwendigkeit eines Einwanderungsgesetzes ebenso betonte wie massive Investitionen in das Bildungssystem in NRW. Ein herausragendes Zeichen in der Region sei die Ansiedlung der medizinischen Fakultät an der Universität Bielefeld.
Nach einem kurzen Ausflug zu zwingend erforderlichen Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur des Landes schloss der Ehrengast seinen Vortrag mit den Worten „Wir wollen wieder in der ersten Liga spielen!“ und dem Nachsatz „…was Ostwestfalen-Lippe vielfach schon gelingt.“
Digitalisierung, Fachkräftemangel, Demografie – Herausforderungen auch für die Möbelbranche
Dr. Lucas Heumann dankte dem Ministerpräsidenten für sein Kommen, die offenen Worte und sein Engagement zum Wohle von Region und Land. Der Geschäftsführer der Möbelverbände NRW bereitete anschließend mit der Fokussierung auf die Komplexe Flächenplanung, Berufsausbildung, demografischer Wandel und Infrastruktur den Boden für die abschließende Podiumsdiskussion vor.
Unter Moderation von Corinna Kronsbein, Referentin des Hauptgeschäftsführers der Möbelverbände NRW, traten dazu Jana Schönfeld (Hettich), Imke Rademacher (Experimint), Dr. Lars Bopf (Nobilia), Jan Kurth (Hauptgeschäftsführer VDM/HDH) sowie Moritz Lohe (BDA) in den Diskurs zur Aufgabe „Wie kann die Möbelbranche die bestehenden und kommenden Herausforderungen meistern?“
Zukunftsfähigkeit definiert sich auch durch das öffentliche Bild
In angeregtem Austausch wurden gute Ansätze entwickelt, wobei sich auch Gäste an der Diskussion rege beteiligten – darunter Kirchlengerns Bürgermeister Rüdiger Meier, Fachlehrer Walter Posselt vom Felix-Fechenbach-Berufskolleg/ Fachschule Holztechnik und der Unternehmer Wilfried Niemann.
In seiner abschließenden Danksagung sprach Dr. Lucas Heumann die angereisten Vertreter der Tagespresse darauf an, dass gerade eine vermeintlich wenig attraktive Branche wie die Möbelindustrie mit Blick auf ihre Zukunftsfähigkeit maßgeblich von einem guten Image abhänge und warb für einen engen Schulterschluss mit den Medien.