VdDK-Hauptgeschäftsführer Dr. Lucas Heumann berichtete zum Auftakt der Veranstaltung über die vielfältigen Facetten der Verbandstätigkeit in der zurückliegenden Zeit. Im Mittelpunkt stand die wirtschaftliche Lage, die nach dem „Superjahr“ 2016 aktuell für Ernüchterung zu sorgen scheint. Anlass ist die offizielle Bundesstatistik, nach der die Branche einen Umsatzverlust von -3,4 % per September verzeichnen soll.
Auftragslage weiterhin außerordentlich gut
Die interne Auftragsstatistik zeichnet ein ganz anderes Bild: Allein im Oktober betrug der Zuwachs der Auftragseingänge im Vergleich zum Vorjahr plus 24 Prozent. Systemisch bedingt neigen die internen Zahlen bis September 2018 jedoch zu einer mitunter verzerrten Darstellung: Erfasst werden dort nur die Unternehmen, die Vergleichswerte im laufenden und im Vorjahr liefern.
Damit entfallen in einer Vergleichsperiode von zwölf Monaten also alle Meldungen komplett aus der Marktbetrachtung, die von nicht bzw. nicht mehr produzierenden Unternehmen kommen. Das zieht insbesondere bei bedeutenden Akteuren eine deutliche Korrektur der Gesamtmarktbewertung nach sich. Auf der anderen Seite gehen diese Umsätze jedoch großenteils nicht verloren, sie werden lediglich auf andere Hersteller umverteilt. Da diese weiterhin statistisch erfasst werden, gehen deren Auftragseingänge überproportional nach oben – mit logischen Folgen für die Gesamtbewertung.
Saldiertes Wachstum zum Jahresende erwartet
Nach Einschätzung von Dr. Heumann wächst der Markt also real, jedoch nicht in dem Umfang, wie ihn die interne Statistik in den nächsten zwölf Monaten impliziert. Die Analyse wird deshalb in der kommenden Zeit um eine Vergleichsspalte ergänzt, die verzerrende Effekte ausschließt. Für das Jahresende wird für das Branchensegment ein leichtes Umsatzplus erwartet, das – wieder einmal – maßgeblich vom Ausland getragen wird.
Ganz real ist jedoch der weitere Anstieg der Exportquote auf nachhaltig 40 % und erwartet darüber hinaus. Damit ist der Branchenzweig der „Positivfaktor“ in der ansonsten deutlich negativen Außenhandelsbilanz von Möbeln. Weitere Themen im Geschäftsbericht waren zunehmende Auseinandersetzungen zwischen Industrie und Handel bezüglich Lieferfristen und behauptetem Verzug sowie – dargelegt von Geschäftsführungsassistentin Corinna Kronsbein – der neue Ausbildungsberuf „Maschinen- und Anlagenführer Schwerpunkt Holztechnik“. Dessen Bedarf ist zwar unstrittig, die Mitwirkungsbereitschaft der Industrie bisher jedoch punktuell.
Dr. Bopf und Dirk Krupka neue stellvertretende VdDK-Vorsitzende
Verbandsmitarbeiter Andreas Ruf berichtete nachfolgend über Normung und Technik sowie zum Kartellrecht und Compliance. Wichtig hier, dass Möbel jetzt grundsätzlich im Elektro-Gesetz einbezogen sind und der Diskurs darüber bezüglich der Maschinenrichtlinie erneut aufflammt. Hinsichtlich der Bemühungen beim Aufbau eines Compliance-Systems für die Möbelindustrie ist mit Engagement von elf Unternehmen inzwischen ein erfolgreicher Durchbruch erzielt.
Nach kurzer Beratung zu den Vereinsfinanzen standen Wahlen für den Vorstand auf der Tagesordnung. Jeweils einstimmig und nur unter Enthaltung der Betroffenen wurden Stefan Waldenmaier (Leicht Küchen) – in Abwesenheit – als VdDK-Vorsitzender sowie Dr. Lars Bopf (Nobilia-Werke J. Stickling) und Dirk Krupka (Häcker Küchen) als dessen Stellvertreter gewählt. Weitere Vorstände sind Delf Baumann, Elko Beeg, Georg Billert, Heiko Ellersiek, Thomas Kredatus, Jörg Loew, Heinz-Jürgen Meyer, Markus Schüller und Manfred Wippermann. Thorsten Gösling und Dr. Kerstin Hofmeister wurden als Rechnungsprüfer bestätigt.
ZOW 2018 und Living Kitchen 2019 diskutiert
Die Gastvorträge starteten mit einem kurzen Rückblick auf die Living Kitchen 2017 in Köln und der Darstellung der Vorhaben zur kommenden Show 2019 durch den designierten Geschäftsbereichsleiter der Koelnmesse Matthias Pollmann sowie Living-Kitchen-Direktor Bernd Sanden. In der folgenden Diskussion wurde herausgearbeitet, dass aus Sicht der Branche die geplante Promotion zu technisch und kaum emotional akzentuiert sei. Auch würden Elektrogeräte gegenüber Küchenmöbeln überbetont.
Der Appell erging an beide Manager, dass die Zeit drängt und nach wie vor ein Befreiungsschlag hinsichtlich internationaler Besucherkreise erwartet wird. Wesentlich unkritischer dagegen die Situation in der bisher ambivalent betrachteten Zuliefermesse ZOW im kommenden Februar. Nach Übernahme durch Koelnmesse scheinen alle Hausaufgaben gemacht und ein erfolgreiches Event steht offenbar in den Startlöchern.
Mit Halle 20 sind rund 12.300 m² brutto vollständig belegt, das selbstgesteckte Ziel von 180 Ausstellern ist greifbar nahe, so Matthias Pollmann in seinem Bericht. Der mit den Worten schloss, dass dieses Messe-Engagement in Ostwestfalen-Lippe langfristig sei und konzeptionell die perfekte Ergänzung zur vergleichbaren, jedoch international orientierten Fachmesse Interzum.
Zulässigkeit und Vermeidung von Strafen bei Lieferverzug
Dr. Bernhard König (Brandi Rechtsanwälte) aus Detmold legte nachfolgend seine juristische Sicht auf die seitens des Möbelhandels aufgebaute Drohkulisse bezüglich Lieferfristen, vermeintlicher Schadensersatzpflicht und angedrohter Vertragsstrafen unter Bezugnahme auf oftmals „schillernde“ AGB dar.
Richtig sei, dass Lieferverzug oder andere Pflichtverletzungen Vertragsstrafen nach sich ziehen und für diese Rückstellungen zu bilden sind. Allerdings setzt die Geltendmachung von Vertragsstrafen zwingend wirksame Vertragsklauseln voraus – im Fall des Möbelhandels meist niedergelegt in AGB. Die dort fixierten Ausführungen sind nach Auffassung von Dr. König jedoch häufig rechtswidrig und unwirksam – wie das BGH in vergleichbaren Fällen mehrfach geurteilt hatte.
Jamaika ist nur in der Karibik schön
Unter großem, auch öffentlichem Zuspruch brillierte abschließend der gern bei der Herforder Verbändegemeinschaft gesehene Meinungsforscher Klaus-Peter Schöppner mit seinem Vortrag „Deutschland hat gewählt … – und das Chaos beginnt?“ Eingangs hielt er fest, dass der Diskurs über „Jamaika“ überaus erfolgreich sei: Zwar nicht für die Regierungs- und Handlungsfähigkeit Deutschlands, wohl aber für den Jamaica Tourist Board in Berlin, wo derzeit das dreifache Volumen an Anfragen eingeht als sonst…
Im Vortrag selbst machte Schöppner eindrücklich klar, warum gutes, zukunftsorientiertes Regieren schwer, wenn nicht gar unmöglich geworden ist. Die derzeitigen Vorgespräche vor den noch anstehenden Koalitionsverhandlungen zwischen CDU, CSU, FDP und Grünen geben dafür ein beredtes Beispiel ab. Dass die Welt komplexer geworden ist, Grundwerte verloren gehen oder für unwichtig erklärt werden, die Wählerschaft sich polarisiert, die politische Agenda von Zufällen bestimmt ist oder die Eliten ganz offensichtlich versagen – darüber war wohl kaum ein Zuhörer an diesem Abend überrascht.
Politik sollte dienen und leisten
Die Erhebungen der Meinungsforschungsinstitute zeigen aber auch, dass Pragmatismus und kein Dogmatismus Deutschland voranbringt. Dass Chancen genutzt werden müssen und dazu authentische Identifikationsfiguren nötig sind. Und dass ein Masterplan, eine Zukunftsvision das Land (wieder) regierbar machen.
Für den Wähler, so Schöppner, stünde immer die Auswirkung politischen Handelns für sich selbst und niemals die „große Weltpolitik“ im Fokus – dem müsse sich die politische Elite stellen und danach handeln. „Durchwursteln“ und das Suchen nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner sei genau der entgegengesetzte Weg und werde nur zu noch mehr Abwendung, zu mehr Frustration der Bürger führen.